Montag, 29 Dezember 2014 16:03

Bundesarbeitsgericht: Keine Verwirkung eines Schmerzensgeldanspruchs wegen Mobbing allein wegen Untätigkeit (24/01/2015)

geschrieben von  Kanzlei
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In seinem Urteil vom 11.12.2014 entschied das Bundesarbeitsgericht, dass ein Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbings nicht allein wegen Untätigkeit des Anspruchstellers verwirken könne.

Worum ging es in dem Fall?

In dem Gerichtsverfahren machte ein Arbeitnehmer Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbings am Arbeitsplatz gegen seinen ehemaligen Vorgesetzten geltend. Er forderte mindestens 10.000 Euro Schmerzensgeld für angebliche Isolierung, Herabwürdigung und Schikane durch seinen Vorgesetzten in den Jahren 2006, 2007 und 2008. Eine entsprechende Klage reichte er erst Ende Dezember 2010 ein. Das Landesarbeitsgericht lehnte einen solchen Schadensersatzanspruch ohne nähere inhaltliche Prüfung allein wegen Verwirkung ab. Das durch Richterrecht geschaffene Institut der Verwirkung mache eine derart späte Rechtsdurchsetzung unmöglich.

Was hat das Gericht entschieden?

Dieser Ansicht stellte sich das Bundesarbeitsgericht entgegen: Ein bloßes Zuwarten sei nicht ohne Weiteres treuewidrig. Die gesetzlichen Verjährungsfristen dürften nicht durch bloße Untätigkeit und dadurch begründete Verwirkung unterlaufen werden. Der von Mobbing betroffene sei nicht verpflichtet unmittelbar oder schneller zu handeln, als die gesetzliche Frist es vorschreibe. Über die inhaltliche Beurteilung, ob im konkreten Fall ein Mobbingtatbestand erfüllt ist, entschied das Bundesarbeitsgericht nicht und verwies zur Beurteilung dieser Frage zurück an das Landesarbeitsgericht.

Folgen für die Praxis

Diese Entscheidung stärkt die Möglichkeiten der Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen und hebt die Bedeutung von Mobbing hervor. Die Entscheidung stellt klar, dass an eine Verwirkung hohe Ansprüche zu stellen sind und dieses durch Richterrecht geschaffene Instrument nicht ohne weiteres die gesetzlichen Fristen für eine Verjährung aushebeln darf. Gleichwohl stellt das Gericht klar, dass ein Schmerzensgeldanspruch verwirken kann – doch müssen konkrete Umstände zum „Zuwarten“ hinzutreten.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.12.2014, Az.: 8 AZR 838/13

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